Am Samstag, 21. September, gingen über 1.500 Menschen unter dem Motto Leben und Lieben ohne Bevormundung in Berlin auf die Straße. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung setzte mit ihren Mitgliedsorganisationen und Einzelaktivist*innen damit zum achten Mal ein deutliches Zeichen: Sexuelle Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht!
“Wir sind stolz und froh, dass auch nach dem gestrigen Klimastreik so viele Menschen für sexuelle Selbstbestimmung auf die Straße gegangen sind. Das zeigt umso mehr, dass wir konservativen, fundamentalistischen und rechtsextremen Kräften nicht das Feld überlassen, wenn es um unsere Rechte und unsere Zukunft geht!”, so Ines Scheibe, Mitgründerin des Bündnisses und selbst in der Schwangerenberatung tätig.
Zur internationalen Situation reproduktiver Rechte sprachen Genesis Fulmer (USA), Orla O’Connor (Irland) sowie Adriana Lamackova vom Center for Reproductive Rights. Sie betonte die Notwendigkeit der transnationalen Kooperation: „Wir müssen zusammen arbeiten, um sicherzustellen, dass jede Person in unseren Gesellschaften ihr Recht auf sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung, frei von Stigmatisierung und Diskriminierung, wahrnehmen kann.“
Über die Stigmatisierung und Diskriminierung von queeren Menschen sprachen Johannes Blankenstein vom Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg, Katja Zippel von Lesben Leben Familie – LesLeFam sowie Andrea F. Uttmer von der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität. Uttmer sprach insbesondere die unbefriedigende Situation in Bezug auf die Transrechte an und schloss mit der Forderung: „Mein Geschlecht – mein Recht“.
Bei der Abschlusskundgebung drehte sich alles um Antifeminismus und die rechtliche Situation bei ungewollter Schwangerschaft in Deutschland. Godula Kosack (TERRE DES FEMMES), die nach 219a verurteilte Ärztin Dr. Bettina Gaber und weitere Rednerinnen forderten die Sicherstellung zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen. Stephanie Schlitt, Vorstandsmitglied im Bundesverband der profamilia, betonte: „Reproduktive Rechte sind nicht einfach eine Vision – sie müssen umgesetzt werden. Dazu gehört die Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs.“
Die Demo vom queer-feministischen Bündnis What the fuck startete bereits um 10 Uhr und stieß gegen 12 Uhr zu der Kundgebung am Washingtonplatz dazu. An deren Demo und Aktionen beteiligten sich mehr als 2.000 Aktivist*innen. Hinzu kamen zahlreiche Einzelproteste und Blockierungen im Zentrum von Berlin. Insgesamt setzten sich am Samstag um die 5.000 Menschen für sexuelle Selbstbestimmung, für geschlechtliche Vielfalt und für ein offenes Berlin ein. Dem standen beim sogenannten “Marsch für das Leben” 4.000 Demonstrant*innen gegenüber, der zeitgleich in Berlin-Mitte stattfand. Gegner*innen des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung forderten dort unter anderem das totale Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, um somit die Kriminalisierung von Frauen und Ärzt*innen, die Abbrüche vornehmen, weiter voranzutreiben. Dem diskriminierenden Schweigemarsch konnten wir ein lautes, kinderfreundliches und buntes Programm entgegensetzen.
Aktuelle Fotos vom Tag folgen bald auf Flickr. Bitte geben Sie bei den Fotos folgende Quelle an: © Sabrina Gröschke/Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung (auf Nachfrage auch in höherer Auflösung erhältlich). In den sozialen Netzwerken wurden die Hashtags #berlin4choice, #wegmit219a, #wegmit218 sowie #b2109 verwendet.
Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung ist ein breites Bündnis aus Beratungsstellen, verschiedenen feministischen und allgemeinpolitischen Gruppen, Verbänden, Gewerkschaften und Parteien sowie Einzelpersonen. Seit seiner Gründung 2012 organisiert es Proteste gegen den jährlich stattfindenden, bundesweiten “Marsch für das Leben”. Neben der Streichung des Paragraphen 218 aus dem Strafgesetzbuch fordert das Bündnis eine geschlechter- und kultursensible Sexualaufklärung für alle sowie eine angemessene Unterstützung für jene, die sich für ein Kind entscheiden, damit sie ihre eigene Lebensplanung aufrechterhalten können.