Berlin, 28. September 2021
Rund 60 deutsche Städten feiern heute, am 28. September, den internationalen Safe Abortion Day. Bundesweit protestieren Menschen gegen den Paragraphen 218 im Strafgesetzbuch, der Schwangerschaftsabbrüche unter Strafe stellt. Koordiniert wurde der bundesweite Aktionstag von der Kampagne “150 Jahre Widerstand gegen §218 – Es reicht!”
Gegen die Entmündigung von ungewollt Schwangeren finden Aktionen unterschiedlichster Art statt: eine Mahnwache mit Segelboot in Flensburg, (Fahrrad-)Demos in München, Dortmund und Köln, Workshops in Dresden und Bremen, Infostände in Flensburg und Pforzheim, Sprühkreide in Darmstadt, Diskussionsrunden in Göttingen, Filmvorführungen in Lübeck und Husum… Das sind nur ein paar der Veranstaltungen und Städte, die heute für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen ein Zeichen setzen.
“Die vielen Aktionen die heute gegen §218 StGB mobil machen, sind Ausdruck einer pluralen und vielfältigen Gesellschaft, in der diese Gesetzgebung aus dem vorletzten Jahrhundert nichts mehr zu suchen hat,” so Eva Kubitz, eine der Organisatorinnen der Kampagne.
Mehr Frauen*rechte = weniger Schwangerschaftsabbrüche
Mit gutem Beispiel gehen z.B. die Niederlande voran: Sie haben die EU-weit liberalsten Regelungen zum Schwangerschaftsabbruch, eine umfassenden Informationspolitik und gleichzeitig die niedrigsten Abbruchraten. Das zeigt deutlich, dass Kriminalisierung und Zwangsberatungen rein gar nichts bringen. Einige ungewollt Schwangere in Deutschland fahren genau deswegen in die Niederlande: Um sich hier dem erniedrigenden Procedere nicht aussetzen zu müssen.
Der Bundestag: Mir doch egal
Wie unwichtig das physische und psychische Wohlergehen von ungewollt Schwangeren dem deutschen Staat ist, ließ sich in den letzten Jahren bei zwei Abstimmungen gegen die Abschaffung des Paragraphen 219a erkennen: Für ungewollt Schwangere gilt in ihrer Notlage nicht einmal das simple Recht auf Informationsfreiheit. Denn Gynäkolog*innen dürfen auf ihren Webseiten nicht darüber informieren, welche Art von Abbrüchen sie in ihren Praxen anbieten. Der §218 StGB wiederum, der ungewollt Schwangere und Ärzt*innen mit bis zu 5 Jahren Gefängnis unter Strafe stellt, stammt von 1871 aus der Kaiserzeit, hat den Nationalsozialismus sowie die Wende überlebt und wurde 1995 noch um die Zwangsberatung verschärft.
Nach über 150 Jahren ist es jetzt mehr als Zeit, das Grundrecht auf körperliche, sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung gesetzlich und bedingungslos festzuschreiben: Wir rufen die neue Regierung dazu auf, Frauen*rechte endlich ernst zu nehmen. Weg mit §218 StGB!
Die diesjährige Kampagne wird vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung gemeinsam mit vielen Aktivist*innen und Partnerorganisationen durchgeführt. Alle Infos zur Kampagne und zum Safe Abortion Day finden Sie hier: https://wegmit218.de/
Das * bei Frauen* markiert hier, dass alle Menschen gemeint sind, die ungewollt schwanger werden können.
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Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung
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Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung ist ein breites Bündnis aus Beratungsstellen, verschiedenen feministischen und allgemeinpolitischen Gruppen, Verbänden, Gewerkschaften und Parteien sowie Einzelpersonen. Seit seiner Gründung 2012 organisiert es Proteste gegen den jährlich stattfindenden, bundesweiten “Marsch für das Leben”. Neben der Streichung des Paragraphen 218 aus dem Strafgesetzbuch fordert das Bündnis eine geschlechter- und kultursensible Sexualaufklärung für alle sowie eine angemessene Unterstützung für jene, die sich für ein Kind entscheiden, damit sie ihre eigene Lebensplanung aufrechterhalten können.