Pressemitteilung: Der Druck auf die Koalition nimmt zu. Große Kundgebung #wegmit219a im Rahmen des bundesweiten Aktionstages am 26.01.2019 in Berlin
Berlin, 26.01.2019
Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung hat am 26.01.2019 zu einer Kundgebung für die Streichung des § 219a StGB in Berlin aufgerufen. 700 Menschen sind in Berlin zusammengekommen, um ihre Solidarität im Rahmen des bundesweiten Aktionstages #wegmit219a #keine Kompromisse auszudrücken. Neben politischen Reden wurden die Forderungen durch künstlerische Beiträge sichtbar gemacht.
Am heutigen Samstag sind 700 Menschen am Rosa-Luxemburg-Platz zusammengekommen, um ihren Unmut über das Kompromisspapier der Bundesregierung zum § 219a des Strafgesetzbuches zu zeigen. Größtenteils zeitgleich demonstrierten in weiteren 30 Städten bundesweit insgesamt 5000 bis 6000 Menschen gegen den Paragrafen, der unter dem Deckmantel des Werbeverbots Informationen zum Schwangerschaftsabbruch für Frauen* behindert und Ärzt*innen kriminalisiert.
Die Bundesvorsitzende von DIE LINKE, Katja Kipping, kritisierte in ihrer Rede den Vermittlungsvorschlag der Bundesregierung scharf und stellte klar: „Wir werden uns niemals mit Kompromissen abfinden, die das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung nicht vollständig herstellen.“
Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, sprach sich in ihrer Rede kämpferisch für die Streichung des § 219a ohne Kompromisse aus. Die körperliche Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht, dass es einzufordern gelte.
Barbara König, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung des Landes Berlin, appellierte an den Bund, für eine gute Lösung zu kämpfen: „Das Land Berlin ist für die komplette Abschaffung dieses Paragraphen, nicht für eine Änderung oder Ergänzung. Nur so lässt sich das Informationsrecht der Frauen und ihr Recht auf einen sicheren Abbruch gewährleisten und die Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten beenden!“ Zugleich nannte sie Schritte zur Verbesserung für betroffene Frauen durch die Senatsverwaltung für Gesundheit, etwa die öffentliche Liste mit Ärzt*innen, die in Berlin Schwangerschaftsabbrüche durchführen.
Die Kritik der Bundestagsabgeordneten der FDP, Gyde Jensen, richtet sich insbesondere daran, dass der § 219a als notwendiger Bestandteil des sogenannten Schutzkonzeptes angeführt werde, obwohl es hierzu keinerlei Nachweis gebe. Laut Jensen werde hier „ohne bestehende faktische Grundlage ein Strafrechtsparagraf zu Lasten derer, die Betroffenen beratend zur Seite stehen wollen und medizinische Betreuung benötigen, aufrechterhalten“.
Neben Beiträgen von Politiker*innen kamen auch pro choice Aktivist*innen zu Wort. So gab es Beiträge zur Situation in Nordirland sowie von den Medical Students for Choice. Eine Vertreterin der angehenden Mediziner*innen kritisierte die Situation in der Lehre und sah hier einen der Gründe für die schlechter werdende Versorgungslage für Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen lassen wollen.
Ines Scheibe vom Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung zeigte sich mit der Resonanz der Kundgebung sehr zufrieden. Mit Verweis auf 100 Jahre Frauenwahlrecht mahnt sie aber auch an: „Wir müssen die grundlegenden Frauenrechte wieder verstärkt in den Blick nehmen. Hierzu gehört die Informationsfreiheit zum Schwangerschaftsabbruch und in der Konsequenz die ersatzlose Streichung des § 219a StGB.“
Kulturelle Unterstützung bekam das Bündnis unter anderem in Form eines englischsprachigen Poetry-Slam-Beitrags und eines Straßentheaters von Dziewuchy Berlin.
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DAS BÜNDNIS FÜR SEXUELLE SELBSTBESTIMMUNG
Das „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ ist ein breites Bündnis aus Beratungsstellen, verschiedener feministischer und allgemeinpolitischer Gruppen, Verbänden, Gewerkschaften und Parteien sowie Einzelpersonen. Gegründet wurde es 2012 in Berlin und organisiert seither Proteste gegen den dort jährlich stattfindenden, bundesweiten “Marsch für das Leben”.
2018 haben sich bereits einige weitere Pro-Choice Bündnisse im Bundesgebiet gegründet, weitere Bündnisgründungen sind für 2019 angekündigt.
MEHR HINTERGRUND ZUM PAPIER DER BUNDESREGIERUNG:
Im Dezember hat die Bundesregierung ein Eckpunktepapier zur „Verbesserung der Information und Versorgung in Schwangerschaftskonflikten“ vorgelegt. Die von Strafverfahren betroffenen Ärztinnen Nora Szász, Natascha Nicklaus und Kristina Hänel zeigten sich entsetzt: Presseerklärung zum Vorschlag der Minister*innen Barley, Seehofer, Giffey und Braun. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung (BfsS) kritisiert das Eckpunktepapier aufs Schärfste, da die vorgeschlagenen Maßnahmen die Situation von Ärzt*innen, Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen und ungewollt Schwangeren insgesamt nicht verbessern werden: Pressemitteilung: Papier der Bundesregierung zu § 219a.