Grußwort von Katja Kipping

Grußwort

der Parteivositzenden von DIE LINKE an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Aktionstages des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung am 19. September 2015.

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde, liebe Kämpferinnen und Kämpfer für das universelle Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, auch wenn ich heute leider nur zwischendurch eine Weile dabei sein kann, um gemeinsam mit euch für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung auf die Straße zu gehen, möchte ich trotzdem gern ein paar Worte zu euch sagen.

Dass wir heute hier zusammen sind, hat leider erst einmal keinen schönen Anlass. Wir sind hier, weil ein zweifelhaftes Bündnis aus Neokonservativen und christliche Fundamentalistinnen und Fundamentalisten heute unter dem Slogan „Marsch für das Leben“ nach Berlin mobilisiert hat. Flankiert wird das Ganze von parteinahen Organisationen wie der Jungen Union oder der AfDlerin Beatrix von Storch. Ihr Anliegen ist es, das Menschenrecht auf Schwangerschaftsabbruch abzuschaffen.

Diejenigen, die dieses Recht verteidigen und sich dem „Marsch“ entgegenstellen wollen, werden öffentlich diffamiert. Sie werden beschuldigt, das Recht auf Versammlungsfreiheit mit Füßen zu treten. Diese Erfahrung musste ich selbst in den letzten Tagen und Wochen machen. Was mich jedoch riesig gefreut hat, war die große Solidarität, die mir entgegengebracht wurde. Angesichts der Tatsache, dass die sogenannten „Lebensschützer*innen“ schon mehrmals durch aggressive Rufkampagnen aufgefallen sind, sollten wir uns immer gegenseitig solidarisch stützen.

Es ist ja wohl auch hanebüchen, dass sich im Bündnis „Marsch für das Leben“ Organisationen und Menschen tummeln, die sich für das Recht auf Leben ungeborener Menschen einsetzen und gleichzeitig vor dem Leben der vielen Menschen, die sich gerade auf dem Weg in die Länder der EU begeben, die Augen verschließen. Ja, sie sogar lieber in ihren von Bürgerkriegen zerrütteten Ländern leiden oder sterben lassen wollen.

Ich möchte euch sagen: wenn wir heute von Menschenrechten sprechen, dann müssen wir von Rechten sprechen, die für alle Menschen gelten müssen, egal welcher Herkunft, egal in welchem Land!

Gleichzeitig frage ich mich, in was für einer Welt wir eigentlich leben, wenn es heute wieder möglich ist, bereits erkämpfte Rechte von Frauen zurückzunehmen und bestehende Ungerechtigkeiten zu verschärfen.

Bis heute steht der Paragraph 218 im Strafgesetzbuch und stellt Schwangerschaftsabbruch unter Strafe. Nur eine verpflichtende Beratung erlaubt es Frauen in den ersten drei Monaten die Schwangerschaft straffrei abzubrechen. Bis heute fordert die Frauenbewegung, den Paragraphen vollständig zu streichen. Dass sich Frauen in Deutschland noch immer nicht ohne Beratungszwang für einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden können, ist beschämend. Der Paragraph 218 muss endlich vollständig aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden!

Momentan erleben wir in Europa im Zuge der Krise einen konservativen Rollback. Also das Wiedererstarken konservativer und rückwärtsgewandter Gedanken und Wertvorstellungen. So sollte beispielsweise in Spanien das Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch verschärft werden. Zahlreiche Proteste mit Tausenden Demonstrantinnen und Demonstranten haben diese Verschärfung verhindert.

Auch hier in Deutschland sehen wir uns mit religiösen Fundamentalistinnen und Fundamentalisten und Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegner konfrontiert, die ihre mittelalterlichen Parolen verbreiten.

Deswegen ist es umso wichtiger, dass wir alle heute hier sind. Dass wir nicht nur heute, sondern jeden Tag für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung eintreten. Hier, in Deutschland und überall!

Danke.

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