Abgeordnete im Abgeordnetenhaus von Berlin und Frauenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE.
Sexuelle Selbstbestimmung ist das Recht, über den eigenen Körper entscheiden zu können. Es ist ein hart erkämpftes Recht, das nach wie vor für alle Frauen auf der ganzen Welt gelten muss. Und gerade deshalb darf niemand Frauen diese elementaren Rechte absprechen. Vor allem nicht sogenannte „Lebensschützer“, die jedes Jahr um den 20. September herum unter dem Motto: „Marsch für das Leben“ ein Demonstrationszug zum Bundeskanzleramt durchführen. Sie dürfen damit nicht durchkommen!
So wie wir uns islamistischen Fundamentalisten entgegenstellen, müssen wir uns auch christlichen Fundamentalisten entgegenstellen. Ihre Ziele sind ähnlich, ihre Radikalität und Aggressivität sind erschreckend. Sie greifen mit ideologischer und sogar physischer Gewalt Ärzt_innen und Beratungseinrichtungen an und versuchen Menschen einzuschüchtern, die Frauen helfen wollen. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Recht auf einen Schwangerschaftsabbruch uns weggenommen wird, dass unsere Entscheidungsfreiheit über unseren Körper in Frage gestellt wird.
Tatsache ist jedoch, dass zu lange die Gefahr dieser frauenverachtenden Ideologie der sogenannten „Lebensschützer“ ignoriert wurde. Tatsache ist auch, dass sie immer noch bei christlich-konservativen Politiker_innen Unterstützung finden.
Ein Paradoxon ist die Existenz des Paragrafens § 218, der seit 1871 im deutschen Strafgesetzbuch steht. Er widerspiegelt nicht nur die gesellschaftlich mehrfachgespaltene Moral, sondern auch den Anspruch die Kontrolle über die weibliche Reproduktionsfähigkeit und die Durchsetzung von Macht- und Herrschaftsansprüchen gegenüber dem weiblichen Geschlecht. Die Forderung nach mehr Selbstbestimmung der Frauen war und ist Teil des Kampfes gegen die herrschende patriarchale Gesellschaftsordnung. Den größten psychologischen Druck übten schon immer die Kirchen auf Frauen aus. Lust an Liebe und Sexualität ohne Zeugung wurde als Sünde gepredigt und mit Zuchthaus bestraft. Schwule und lesbische Beziehungen wurden (und werden weiterhin von der Kirche) stigmatisiert und als therapierbare Störungen bezeichnet. Die Frau soll vornehmlich Gebärerin und Dienerin ihres Mannes sein – abgesegnet vom „lieben Gott“.
Mit dem Slogan „Dein Bauch gehört Dir“ streiten Frauen seit vielen Jahren für die Freigabe des Schwangerschaftsabbruches. Der §218 muss endlich aus dem Strafgesetzbuch verschwinden! Solange dies nicht geschieht, müssen wir weiter gemeinsam für das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung aller Frauen streiten.
Es darf keine Stigmatisierung von Frauen geben, die ihr Recht auf selbstbestimmte Entscheidungen über ihren Körper und ihr Leben in Anspruch nehmen. Mitarbeiter/innen von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen oder Ärzt_innen, die Schwangerschaftsabbrüche gemäß diesen gesetzlichen Regelungen vornehmen, dürfen nicht verunglimpft, bedroht oder tyrannisiert werden. Das Bild von unterwürfigen, dienenden Ehefrauen und „Gebärmaschine“ gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Solche fundamentalistische Ansichten müssen entschieden bekämpft werden.