Umgang mit Terre de Femmes

Bitte um ein Meinungsbild an Organisationen und Einzelaktivits*innen 17.06.2022

Liebe Aktivist*innen und Unterstützer*innen,                                                                              

wir schreiben euch mit dem Ziel die aktuelle Auseinandersetzung mit der Organisation Terre des Femmes, die Mitglied in unserem Bündnis ist, für euch transparenter zu machen und euch unseren Vorschlag für das weitere Verfahren mitzuteilen. Dieser Vorschlag ist getragen von der Verantwortung, die wir für unsere erfolgreiche ehrenamtliche Arbeit als BfsS auch in der Perspektive tragen wollen.

Dazu möchten wir euch einen Überblick über die Ereignisse der letzten zwei Jahre geben, den ihr im Anhang findet.

Die vergangenen zwei Jahre haben uns gezeigt, dass Terre des Femmes in unseren Augen keine glaubwürdigen Schritte macht, Trans*feindlichkeit in der eigenen Organisation abzubauen. Vielmehr beginnt jede Auseinandersetzung zu diesem Thema seitens Terre des Femmes mit der Beteuerung nicht trans*feindlich zu sein. Diese immer wieder vorgebrachte Beteuerung zeugt leider von dem mangelnden Willen, sich mit trans*feindlichen Einstellungen in der eigenen Organisation auseinanderzusetzen. Wie bei allen anderen Diskriminierungsformen auch braucht es zur Reflektion derselben zunächst die Einsicht, dass das eigene Verhalten mitunter rassistisch, ableistisch, trans*feindlich etc. ist. Davor ist niemand gefeit – auch wir nicht als Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung.

Aufgrund der im Anhang geschilderten Ereignisse sowie der Einschätzung verschiedener Organisationen und Einzelpersonen, die gegen die Diskriminierung von Trans*- und Inter*personen eintreten und zum Teil auch Bündnismitglieder sind bzw. waren, sprechen wir uns als Koordinierungskreis mehrheitlich dafür aus, die Zusammenarbeit mit Terre des Femmes sofort zu beenden.

Der Koordinierungskreis ist kein Entscheidungsgremium, deshalb möchten wir euch als Bündnisorganisationen und aktive Einzelpersonen darum bitten, uns euer Votum zu dieser Empfehlung per Mail an die Adresse (info@sexuelle-selbstbestimmung.de) mitzuteilen. Bitte meldet euch bis zum 12. August 2022 zurück, ob ihr dieses Vorgehen unterstützt, ablehnt oder euch enthaltet. Aus euren Antworten erhalten wir ein Meinungsbild, das wir dem Bündnis transparent mitteilen werden. Bitte vermeidet es, an den ganzen Verteiler zu antworten. Die Voten der Bündnisorganisationen werden euch im Nachgang mitgeteilt. Die Voten der Einzelaktivist*innen werden bezüglich ihrer Anzahl anonymisiert mitgeteilt. Die Bitte richtet sich an die Organisationen, die zum jetzigen Zeitpunkt Mitglied des Bündnisses sind. Jede Organisation darf eine Rückmeldung geben. Einzelaktivist*innen können ebenso eine Rückmeldung, sofern sie in einer AG des Bündnisses oder sonst für das BfsS aktiv sind. Wenn ihr unsicher seid, ob ihr ein Votum abgeben könnt, wendet euch bitte an den Koordinierungskreis. Die Mitglieder des Koordinierungskreises dürfen auch jeweils eine Rückmeldung geben. Keine Rückmeldung bis zum 13. August werten wir als Enthaltung.

Wenn ihr euch zu den Vorwürfen gegenüber Terre des Femmes weiter belesen möchtet, empfehlen wir folgende Stellungnahmen/Quellen, darin geht es u.a. um einen Brief, den auch Vorstandsfrauen von TdF mitgezeichnet haben, indem sie sich an Bundestagsabgeordnete wenden, weil die Unterzeichnenden ein Verbot von Konversionstherapien bei trans*Kindern/Jugendlichen ablehnen. Zu diesem Brief hatten wir als Bündnis mit TdF keine Auseinandersetzung, aber er reiht sich ein in eine Vielzahl von Handlungen, die wir als trans*feindlich bewerten.

https://lambda-online.de/2020/05/27/stellungnahme-des-referats-trans-zum-verbot-der-konversionsmassnahmen-und-terre-des-femmes/

https://dgti.org/wp-content/uploads/2021/09/Stellungnahme_2020-09-20_Terre-des-Femmes_Positionspapier.pdf

https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/queerspiegel/reaktion-auf-maennerwelten-video-kritik-an-transfeindlichkeit-von-terre-des-femmes/25846954.html

https://www.nd-aktuell.de/amp/artikel/1142498.terre-des-femmes-in-die-rechte-ecke.amp.html

Mit solidarischen Grüßen der Kokreis   (info@sexuelle-selbstbestimmung.de)

Anlage 1: Ereignisse seit März 2020

  • Am 08. März 2020 kam es auf der „Frauen*kampftagsdemo“ im Block, den die Organisation „Stimmrecht gegen Unrecht“ zusammen mit dem BfsS organisiert hatte zu verbalen und schließlich auch körperlichen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Demo-Teilnehmer*innen. Auslöser war, dass Personen, die sich in unserem Block befanden und zu einer Ortsgruppe von Terre des Femmes gehörten, trans*- und sexarbeiter*innenfeindliche Plakate zeigten.
  • Im Nachgang der Demonstration führten wir mehrere Klärungsgespräche mit der Organisation „Stimmrecht gegen Unrecht“, „Not an Object“ und Terre des Femmes.
  • TdF versprach als Ergebnis der Gespräche eine Positionierung zu Trans*personen zu verfassen und auf ihrer Mitgliederversammlung im September 2020 darüber abzustimmen.
  • Wir verfassten seitens des Bündnisses Stellungnahmen, die wir an Femtopie Duisburg sowie an „Stimmrecht gegen Unrecht“ und „Not an Object“ sendeten, jedoch nicht auf unserer Webseite veröffentlichten (Anlage 4).
  • Um uns über diese Stellungnahme hinaus klar gegen Trans*feindlichkeit auszusprechen, präzisierten wir im Dezember 2020 unsere Bündniserklärung um folgenden Forderungspunkt: „uneingeschränkte körperliche, sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung für alle, insbesondere Frauen, nichtbinäre- und trans*Menschen.“ Ebenso beziehen sich alle Punkte in unserer Bündniserklärung auf alle Menschen, einschließlich derer, die trans*, inter* oder nicht-binär sind.
  • Die Organisationen „Stimmrecht gegen Unrecht“ und „Not an Object“ verließen 2020/2021 das Bündnis, weil Terre des Femmes weiterhin Mitglied des Bündnisses war und machten dazu teils öffentliche Beiträge über Social Media.
  • Es gab Berichterstattung auf einem reichweitenstarken feministischen Blog zu den Vorfällen auf der Demo und dem Vorwurf, dass das BfsS nicht ausreichend Konsequenzen ergreife.
  • Anlässlich unserer Demo im September 2020 gab es Aufrufe von Einzelpersonen über Social Media, sich nicht an unserer Demo zu beteiligen, da sie kein sicherer Ort für Trans*personen sei.
  • Das von TdF versprochene „Positionspapier“ zu ihrer Haltung zu Trans*personen wurde am 12.09.2020 veröffentlicht und findet sich hier: https://www.frauenrechte.de/images/downloads/presse/Positionspapier_Transgender_TDF.pdf
  • Wir hatten zu dieser Zeit mit der Organisation unseres Aktionstags und anschließend daran mit der neuen Kampagne alle Hände voll zu tun, weshalb wir uns nicht proaktiv bei TdF meldeten.
  • Es gab Anfang 2021 mehrere kritische Anfragen seitens der Bewegungsstiftung an unser Bündnis hinsichtlich unserer Haltung zu TdF als Mitgliedsorganisation und deren kritische Haltungen gegenüber Trans*personen und ihren Kontakte zu Organisationen aus dem rechten Spektrum.
  • Im April 2021 meldete sich TdF erstmals wieder bei uns, weil sie unsere Kampagne anlässlich 150 Jahre Widerstand gegen Paragraf 218 unterstützen wollten. Da die Kampagne in der Organisation keine reine Bündniskampagne war und sich teilnehmende Aktivist*innen gegen die Unterzeichnung durch TdF aussprachen, suchten wir erneut das Gespräch mit TdF
  • Am 06.07.2021 führten mehrere Kokreis- und Bündnismitglieder ein Gespräch mit externer Moderation mit TdF, es nahmen die Bundesvorständin von TdF Prof. Dr. Godula Kosack sowie Sina Tonk, Bereichsleitung der Referate Weibliche Genitalverstümmelung, Gewalt im Namen der Ehre, Häusliche und sexualisierte Gewalt bei TdF daran teil. Inhalt des Gesprächs war vorwiegend unsere detaillierte Kritik an ihrem Positionspapier „Transgender“, das aus unserer Sicht trans*feindlich ist. Ferner ging es auch um die Kampagne von TdF „Born equal XX“, die ebenso ihre biologistische Auffassung von Geschlecht darlegt. Von TdF wurde in Aussicht gestellt, das Positionspapier zu überarbeiten. Wir teilten TdF mit, dass sie unseren Aufruf der Kampagne nicht unterzeichnen könnten.
  • Auch im Sept. 2021 riefen Einzelpersonen dazu auf, sich nicht an unserer Demo zu beteiligen, weil sie wegen TdF kein sicherer Ort für Trans*personen sei
  • In den nächsten Monaten gründete sich ein neues Bündnis in Berlin, die sich für die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen einsetzt, die aber nicht mit uns zusammen arbeiten möchte, weil TdF zu unserem Bündnis gehört und der Vorwurf der Trans*feindlichkeit auch uns gegenüber noch im Raum stehe, ebenso wandten sich immer wieder einzelne Aktivist*innen an uns, die sich nicht mehr im Bündnis engagieren wollen, wegen der Mitgliedschaft von TdF, was für uns neuerlich dazu geführt hat, in die Auseinandersetzung mit TdF zu gehen
  • Als Koordinierungskreis haben wir dem Bündnis vorgeschlagen uns mit einem Schreiben an TdF zu wenden, in dem wir sie darum bitten, das Bündnis zu verlassen (Anlage 2). Dieses haben wir an TdF versendet.
  • Am 12.05. 2022 antwortete TdF mit einem Schreiben (Anlage 3)
  • Am 16.05.2022 wurde die Auseinandersetzung mit TdF auf dem Bündnistreffen kontrovers diskutiert, es waren zahlreiche TdF-Mitfrauen anwesend, die sich gegen einen Ausschluss aussprachen. Als Koordinierungskreis haben wir versprochen, mit einem Verfahrensvorschlag auf das Bündnis zuzukommen, den wir hiermit vorlegen.

Anlage 2: Briefentwurf Bündnis an TdF  (vom 15.04.2022)

Liebe Godula Kosack, liebe Sina, liebe Mitarbeiterinnen von TDF,


als Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung sehen wir uns auch zwei Jahre nach den unschönen
Auseinandersetzungen am 08. März 2020 immer wieder mit dem Vorwurf der Trans*feindlichkeit
konfrontiert. 
Wir sind mit euch über die Vorfälle an der 8.-März-Demo 2020 in den Austausch getreten und haben
versucht, euch unsere Probleme mit eurer Haltung insbesondere zu Trans*personen deutlich zu
machen. 
Eure Positionierung zu trans* Personen, die trans*feindlich sind, hat sich seither unseres Wissens
nach nicht verändert und ist nach wie vor auf eurer Webseite zu lesen
https://www.frauenrechte.de/images/downloads/presse/Positionspapier_Transgender_TDF.pdf

 
Als Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung machen wir nun schon seit einiger Zeit die Erfahrung,
dass andere Organisationen sich uns nicht mehr anschließen wollen, weil eure Organisation Mitglied
in unserem Bündnis ist. Auch die Einwerbung finanzieller Mittel für unsere Arbeit erweist sich durch
eure Mitgliedschaft in unserem Bündnis seit 2020 als problematisch.
Eure Haltungen und euer politisches Vorgehen in Bezug auf trans*- und inter*- Personen
widerspricht unserer politischen Zielsetzung, die in der Bündniserklärung als Forderung festgehalten
ist: „uneingeschränkte körperliche, sexuelle und reproduktive Selbstbestimmung für alle,
insbesondere Frauen, nichtbinäre- und trans*Menschen“. 


Wir wollen weiterwachsen und mit progressiven Organisationen, die die sexuelle Selbstbestimmung
für alle Menschen einfordern und sich gegen Diskriminierung stark machen, zusammenarbeiten. In
diesem Feld sehen wir euch nicht.
 
Deshalb möchten wir euch heute mitteilen, dass wir nicht mehr mit euch zusammenarbeiten
möchten und dass ihr nicht mehr Teil des Bündnisses sein könnt. Euer Logo werden wir von unserer
Webseite entfernen. 
 
Mit freundlichen Grüßen, 
stellvertretend für das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung der Koordinierungskreis.
Johanna Warth,
Dr. Ines P. Scheibe,
Sarah Heitsch,
Valerie Seulberger

Anlage 3: 2022 Brief von TdF  (vom 12.05.2022)

Liebe Aktive, liebe BündnispartnerInnen, liebe Ines Scheibe,

​wir möchten zum Briefentwurf des Bündnisses an TERRE DES FEMMES Stellung beziehen, welcher kommenden Montag Thema des Bündnistreffens sein wird. Der Entwurf enthält einige Stellen, die wir nicht unkommentiert lassen möchten und auch Punkte die schlichtweg falsch sind.

In dem Brief erwähnt ihr die unschönen Auseinandersetzungen bei der Demo am 08.03.2020. Für TERRE DES FEMMES waren das weit mehr als unschöne Auseinandersetzungen. TERRE DES FEMMES wird immer wieder vorgeworfen, die Demo gestört und andere Demonstrations-TeilnehmerInnen beleidigt und körperlich angegriffen zu haben. Die Vorwürfe gegen uns sind absolut unzutreffend, das kann ich aus eigener Überzeugung sagen, da ich selbst mit Mitarbeiterinnen und Ehrenamtlichen an dieser Demonstration teilgenommen habe.

​TERRE DES FEMMES hat gemeinsam mit der Städtegruppe TERRE DES FEMMES Berlin und dem Verein SISTERS Berlin an der Demonstration teilgenommen. OrdnerInnen wollten uns den Zutritt verwehren mit der Begründung, unsere Plakate würden nicht dem „Demo-Konsens“ entsprechen „sich mit Sexarbeiterinnen zu solidarisieren“. TERRE DES FEMMES setzt sich seit jeher für die Rechte und den Schutz von Prostituierten ein. In dem von uns geforderten Nordischen Modell werden Prostituierte geschützt und Zuhälter und Freier zur Verantwortung gezogen. Wir setzen uns gegen das System Prostitution ein, ja, aber niemals gegen Prostituierte.

​TERRE DES FEMMES hat außerdem keine transfeindlichen Demoschilder getragen und es kam unsererseits zu keinen körperlichen Übergriffen oder verbalen Angriffen auf andere Demonstrations-TeilnehmerInnen, auf besagter Demonstration am 08. März 2020. Im Gegenteil, Mitglieder unseres Vereins sind dort verbal und körperlich angegriffen worden. Während der Demonstration versuchten mehrere Personen uns am Weiterlaufen zu hindern, sie stellten sich vor uns, waren laut und aggressiv. Eine Glasflasche wurde uns entgegengeworfen, die zum Glück niemanden von uns getroffen hat. Darüber hinaus wurden Personen aus unserer Gruppe mit einer nichtidentifizierbaren Flüssigkeit bespritzt.

​Es gab absolut keinen Grund TERRE DES FEMMES an der Demo-Teilnahme zu hindern, da von uns keinerlei Störung der Versammlung ausging. Wie der überwiegende Teil der anderen Demonstrierenden auch, wollten wir uns friedlich für sexuelle Selbstbestimmung und gegen geschlechtsspezifische Gewalt einsetzen, stattdessen haben wir auf einer Demo zum Internationalen Frauentag physische und psychische Gewalt erfahren. Wir wissen, dass Themen wie das Nordische Modell umstritten und emotional sein können und wir sind jederzeit zum Dialog bereit, diesen haben wir auch bei der Veranstaltung am 08. März 2020 gesucht. Von TERRE DES FEMMES-Aktivistinnen ging niemals Gewalt aus.

In eurem Brief bezieht Ihr euch nicht nur auf die Demo, sondern auch auf die Haltung von TERRE DES FEMMES zu intergeschlechtlichen bzw. intersexuellen Menschen. TERRE DES FEMEMS setzt sich für die körperliche Unversehrtheit von intergeschlechtlichen Kindern ein, es ist nicht nachvollziehbar, inwiefern diese Haltung der Zielsetzung des Bündnisses widersprechen sollte. Im Jahr 2019 haben wir dazu auch eine Kampagne veröffentlicht und uns gegen zwangsnormierende Operationen, die eine Menschenrechtsverletzung darstellen, ausgesprochen.

TERER DES FEMMES hat im September 2020 eine Position zu Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht veröffentlich, welche durch die Mitgliederversammlung verabschiedet wurde. Wir haben darin ausdrücklich anerkannt, dass trans-Personen eine vulnerable Gruppe sind und haben erklärt, dass wir uns als Menschenrechtsorganisation mit allen Menschen solidarisieren, die sich aufgrund ihrer Ausgrenzungs- und Diskriminierungserfahrungen in der LGBTQI+ Community zusammengeschlossen haben. Mit unserem Positionspapier widersprechen wir nicht der Bündniserklärung. Auch in unserem Positionspapier steht, dass wir trans-Personen in ihrer körperlichen, sexuellen und reproduktiven Selbstbestimmung unterstützen.

Wir verstehen allerdings, dass einige Stellen im Positionspapier missverständlich sind, daher gibt es immer mehr Stimmen im Verein TERRE DES FEMMES dieses Papier zurückzuziehen.

Wir unterstützen die Ziele des Bündnisses, sind seit 2012 als Partnerorganisation dabei und uns ist auch in Zukunft eine Zusammenarbeit wichtig. Wir würden es sehr bedauern, nicht mehr gemeinsam mit euch für die sexuelle Selbstbestimmung zu kämpfen. Trotz aller Differenzen sollten wir doch nicht unser gemeinsames Ziel aus den Augen verlieren.

Mit feministischen Grüßen

​Christa Stolle

Bundesgeschäftsführerin

TERRE DES FEMMES, Bundesgeschäftsführung

Menschenrechte für die Frau e.V.

Brunnenstr. 128

13355 Berlin

Anlage 4: Stellungnahme BfsS nach den Ereignissen am 08. März 2020

Liebe Aktivist*innen und Unterstützer*innen,

das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung wurde 2012 gegründet, um den wachsenden Aufmärschen christlicher Fundamentalisten und mit ihnen verbundenen völkisch –nationalen Bestrebungen in Politik und Gesellschaft etwas entgegenzusetzen, ebenso der Erosion des Zugangs zu Schwangerschaftsabbrüchen und der nach wie vor bestehenden gesellschaftlichen Tabuisierung.

Bereits in unserem Namen wird deutlich, dass wir  das Recht auf körperliche/sexuelle Selbstbestimmung verteidigen und stärken, wozu das Recht auf Schwangerschaftsabbrüche ebenso gehört wie das Austragen einer Schwangerschaft, zudem das Recht, über eigene Beziehungen  selbst zu entscheiden und als LGBTIQ* ohne Diskriminierung zu leben. Unsere Hauptforderungen richten sich – entsprechend der politischen Aufgabe – insbesondere auf die Frage der Abschaffung von § 218 und Unterparagrafen im StGB sowie den daraus abgeleiteten Fragen.

Auf der Frauen*kampftagsdemonstration am 8. März 2020 kam es in unserem Block für sexuelle Selbstbestimmung, den wir gemeinsam mit den Aktivist*innen von Stimmrecht gegen Unrecht organisiert hatten, zu Auseinandersetzungen verbaler und körperlicher Art zwischen verschiedenen Gruppen und Demoteilnehmer*innen.

Wir möchten uns darum bei allen betroffenen Demoteilnehmer*innen dafür entschuldigen, dass es uns in diesem Jahr nicht gelungen ist, in unserem Block einen Ort zu schaffen, an dem alle Teilnehmenden, die sich für körperliche und sexuelle Selbstbestimmung einsetzten, sicher und diskriminierungsfrei demonstrieren konnten.

Wir haben auf ein solidarisches Verhalten aller in unserem Block und die Beachtung unseres gemeinsamen politischen Konsens als Bündnis vertraut. Leider gab es aber einige Transparente in unserem Block mit Formulierungen, die nicht unseren Bündniszielen entsprechen oder dem Demokonsens der Veranstalter*innen des F*KT entsprachen und zu den erwähnten Auseinandersetzungen führten.

Inhaltlich ist es uns an dieser Stelle wichtig, zu betonen, wie auch in Moderation und Redebeiträgen von unserem Lauti am 8. März 2020 geschehen, dass wir Trans*feindlichkeit weder auf der Frauen*kampftagsdemonstration noch in unserem Bündnis tolerieren. Wir treten für LGBTIQ* Rechte ein und sind alle in der Pflicht uns klar gegen Trans*feindlichkeit zu positionieren und uns mit den Kämpfen von trans*, inter* und nicht-binären Personen zu solidarisieren.

In unserer Bündnisarbeit setzen wir uns für die sexuelle Selbstbestimmung ALLER Menschen, insbesondere Diskriminierung bzw. Mehrfachdiskriminierung betroffen sind. Unsere Präsenz auf der Frauen*Kampftags Demonstration ist traditionell ein Tag, an dem wir gerade mit unserem Programm auf unserem Lauti, dies zum Ausdruck bringen wollen. Umso mehr bedauern wir, dass durch das Verhalten einzelner Gruppen ein anderer Eindruck entstehen konnte.

Wir als BfsS haben selbst keine einheitliche Positionierung zu Fragen der Sexarbeit und deshalb sind seitens der Bündnis- und Blockorganisation keine Plakate, Banner oder Redebeiträge zu diesem Thema geplant worden.

Positionierungen und Plakate, die sich zu diesem Thema trotzdem in unserem Laufabschnitt gesammelt haben, stellen keine offizielle Positionierung des BfsS dar und sind ohne Absprache mit uns in unserem Block getragen worden.

Wir hoffen bei künftigen Veranstaltungen, die wir als Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung organisieren oder an denen wir uns beteiligen, dass dort unsere gemeinsamen Bündnisziele von allen solidarisch vertreten werden. Auf Einzelforderungen, die dem Bündniskonsens oder dem jeweiligen Demokonsens widersprechen, ist im Interesse einer wirksamen und guten Zusammenarbeit und der Vermeidung von Schäden für das BfsS künftig zu verzichten.

Darauf sollten wir uns verständigen und alle perspektivisch auf die Durchsetzung achten.

Mit solidarischen Grüßen

Auswertung der Meinungsumfrage 20.08.2022

Es wurden 52 Bündnisorganisationen per Email am 28.06.2022 angeschrieben, von denen 22
Organisationen (42,3 %) geantwortet haben
. Außerdem hatten auch in den AG-en des BfsS aktive Einzelaktivistinnen Stimmrecht. Es beteiligten sich 17 Einzelaktivistinnen (AG Strategie & Inhalt (2), AG Presse/ ÖA (5), AG Plattform (2) und Kokreis (6) u.a. (2).

Von den 38 abgegebenen Stimmen votierten 10 Organisationen und 15 Einzelaktivistinnen für den Vorschlag des Kokreises d.h. 25 Stimmen dafür. Das sind 71,4% Es stimmten 8 Organisationen und zwei Einzelaktivistinnen, d.h. 10 Stimmen gegen den Vorschlag des Kokreises, das sind 28,6% der Stimmen.
Drei Organisationen (AWO Essen, Landesfrauenrat Berlin, LSVD BB) enthielten sich bewusst oder
konnten noch keine demokratische Abstimmung durchführen (Netzwerk Frauengesundheit Berlin),
was wir auch als Enthaltung gewertet haben.
Die Abstimmung hat damit ergeben, dass die Abstimmenden sich mehrheitlich (71,4 %) der
Empfehlung des Kokreises anschließen und die Zusammenarbeit des Bündnisses für sexuelle
Selbstbestimmung mit TdF zeitnah beenden wird.

Die aktuellen Entwicklungen in der Organisation TdF „In eigener Sache: Die Mehrheit des TDFVorstands distanziert sich von dem Positionspapier „Transgender, Selbstbestimmung und Geschlecht“
und weist die Geschäftsführung an, dieses Positionspapier von der Website zu nehmen“
können als ein
positives Signal gedeutet werden, dass sich die fortschrittlicheren Kräfte mit ihren Vorstellungen in der
Organisation Gehör verschafft haben, aber mögliche Neuwahlen des Vorstandes und neue
Positionierungen bleiben abzuwarten. Gern bleiben wir als Bündnis bei neuen Entwicklungen im
Gespräch.

Im Einzelnen wurde wie folgend votiert:
Für Vorschlag Kokreis: B90/ Die Grünen Berlin; Bund demokratischer Wissenschaftler*innen; GEW
Berlin; Grüne Jugend Bundesverband; Juso Berlin, Pro familia Berlin; Talk Abortion; SJD -Die Falken
Bundesverband; Grüne Jugend Berlin; Medical Students for Choice Berlin und 15 Einzelaktivistinnen
Gegen den Vorschlag: Netzwerk Säkulare Sozis NRW; Doctors for Choice; Berufsverband LACHESIS;
Feministische Verein Lachesis, Familienplanungszentrum Balance; HVD Bundesverband; Pro familia
Baden-Württemberg; Feministische Partei DIE FRAUEN und 2 Einzelaktivistinnen.
Berlin 19.08.2022 Kokreis des BfsS

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